Titel

Barbara Liechti • 7. Mai 2024

Warum?


Im Zentrum der Individualpsychologie steht die Idee, dass unser Verhalten tief in unseren sozialen Beziehungen verwurzelt ist. Alfred Adler, der Begründer dieser Schule, betonte die Bedeutung des Gemeinschaftsgefühls als zentrale Antriebskraft menschlichen Handelns. Doch in einer Welt, die sich rapide verändert, stellt sich oft die Frage: "Warum ist es nicht mehr wie früher?"


Die Suche nach Gründen im Wandel

Die Sehnsucht nach 'früher' offenbart unser tiefes Bedürfnis nach Sicherheit und Vorhersehbarkeit. In einer Zeit, in der sich technologische, soziale und ökonomische Rahmenbedingungen kontinuierlich und schnell ändern, fühlen sich viele Menschen entwurzelt. Dieses Gefühl der Entwurzelung kann besonders in Partnerschaften zu Spannungen führen. Warum? Weil sich mit der Veränderung der äusseren Welt oft auch die Erwartungen und Rollen in einer Beziehung verschieben.


Anpassung als Herausforderung

In Partnerschaften war es 'früher' oft so, dass Rollen klar verteilt waren. Heute hingegen wird eine deutlich grössere Flexibilität und Gleichberechtigung erwartet. Diese Veränderungen können zu Konflikten führen, wenn Partner unterschiedliche Geschwindigkeiten oder Vorstellungen davon haben, wie sie sich anpassen sollten. Die individualpsychologische Perspektive hilft uns zu verstehen, dass Widerstand gegen Veränderungen oft aus einer tiefen Unsicherheit heraus entsteht. Es ist die Angst vor dem Unbekannten, die uns fragen lässt: "Warum?"


Der Weg zur Selbstreflexion

Um in dieser sich wandelnden Welt unser inneres Gleichgewicht zu wahren resp. wiederzufinden, ist es essenziell, dass wir unsere eigene Rolle in Beziehungen und im Gemeinschaftsleben reflektieren. Es geht darum, ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie unsere individuellen Ziele und das Streben nach Zugehörigkeit unsere Interaktionen und Reaktionen auf Veränderungen formen.


Reflektierende Fragen:

❓ Welche Veränderungen in meinem Leben widerstrebe ich am meisten und warum?

Diese Frage lädt dazu ein, die tieferen Ängste und Unsicherheiten zu erkunden, die hinter diesem Widerstand stehen.


❓Wie haben sich meine Erwartungen an Partnerschaften im Laufe der Zeit verändert?

Diese Überlegung kann helfen, die Dynamik in aktuellen oder zukünftigen Beziehungen besser zu verstehen und bewusst zu gestalten.


❓Inwiefern trägt mein Verhalten zu einem harmonischen Miteinander bei?

Dies führt zur Selbstreflexion über das eigene Handeln und dessen Auswirkungen auf die Menschen in unserem Umfeld.


Abschlussgedanken

Das Stellen der 'Warum?'-Frage ist nicht nur natürlich, sondern auch notwendig. Sie ist ein Zeichen unserer tiefen Verbindung zum Leben und unseren Mitmenschen. Durch diese Fragen können wir unser Verständnis von uns selbst und unseren Beziehungen vertiefen und so zu einem erfüllteren Leben beitragen.


Fortsetzung Mittwoch, 08.05.2024